Meditation im Unternehmen
Es gibt Menschen, die trifft man und weiß innerhalb von wenigen Minuten, dass man einen guten Vibe hat. So war das als Michael und ich uns über einen gemeinsamen Freund vor einigen Jahren vorgestellt wurden.
Schnell war klar, dass wir zusammenarbeiten wollen und so hat Michael eine Woche Meditation in die Firma gebracht, in der ich zu dieser Zeit arbeitete.
Es war ein großes Experiment in ein Startup, das fussballbegeistert und für Trinkfestigkeit bekannt war, ein Thema wie Meditation einzuführen. Doch Michael machte souverän und feinfühlig das Feld für neue Erfahrungen auf.
Jeden Morgen und Abend meditierten wir im Stuhlkreis und es waren viele Neugierige dabei, die erstmals mit dem Thema in Berührung kamen, aber auch Kolleg*innen, die tiefe Erfahrungen mit Meditation verbinden.
Nach der Woche, in der Michael auch Wingwave Coachings und einen Vortrag über Mimik-Meditation hielt und damit wirklich bewies, wie vielfältig er als Mensch Unternehmen bereichert, war das Feedback sehr positiv.
Es bildete sich ein kleiner Kreis der sich fortan morgens zu 20 Minuten Meditation im Büro vor Arbeitsbeginn verabredete - besser hätte der Mut für Neues nicht belohnt werden können.
Nun möchte ich Michael im Blog interviewen und euch auch sein sehr unterhaltsames Buch über Meditation ans Herz legen.
Michael, schön dass du dir Zeit nimmst. Du hast ein Buch über Meditation geschrieben - wie kam es dazu?
Das Thema Meditation ist bereits Mitte der 80ger in mein Leben getreten. Ich hab damals als TV-Reporter für ein politisches Satiremagazin gearbeitet. Kurz vor dem Golfkrieg von Bush-Senior hat ein indischer Guru, Maharishi Mahesh Yogi, die These vertreten, dass wenn ca. 9.000 Menschen in der Region regelmäßig meditierten, der Golfkrieg nicht ausbrechen würde.
Der Maharishi-Effekt könnte das verhindern.
Zudem gab es dann auch noch im „Stern“ Bilder von den sogenannten „fliegenden Yogis“ - hüpfende Meditierende, die im Fotostop-Trick dann aussahen, als wenn sie schweben würden. Also insgesamt ein gefundenes Fressen für ein satirischen TV-Format.
Ich hab dann ein Interview mit Maharishi gemacht und mich in TM, also transzendentale Meditation einführen lassen. Da bekommt man in einer kleinen Zeremonie von einem Lehrer ein Mantra überreicht, ein Wort ohne Bedeutung. Das spricht man zwei-dreimal aus, danach nie wieder, damit es keine Bedeutung bekommt. In den Meditationen konzentriert man sich dann auf dieses Mantra.
Ich weiß noch genau, wie sich meine erste Meditation anfühlte. Ich spürte für mich, wie ich immer kleiner wurde, immer kleiner, und wenn ich noch mehr losgelassen hätte, so mein Eindruck damals, hätte ich aufgehört zu existieren.
Da hab ich dann ängstlich gegengesteuert und bin raus aus der Meditation.
Seit dem meditiere ich aber regelmäßig, hab mich von TM gelöst und bin durch Zufall auf die urbuddhistische Meditationsform Vipassana gestossen.
In einem 10-Tage Retreat, in dem man komplett von der Außenwelt abgeschottet ist und mit keinem reden oder kommunizieren darf, nicht lesen soll, keine Notizen machen darf, usw., kam mir dann die Idee, danach über meine persönlichen Erfahrungen zu schreiben.
Das war ein sehr schöner Prozess, weil ich nochmal in diese Erlebnisse eingetaucht bin.
Ich hab mir die Vorträge von S.N. Goenka besorgt, der Neubegründer der Vipassana-Meditation, und konnte so auch nochmal die Tiefe dieser Meditation verstehen.
Zwei Säulen sind da für mich besonders wichtig:
Ursprung von Leid ist die Bewertung und alles ist im Fluß, es gibt nichts, was statisch ist.
Meditation hat seinen Weg von uralter spiritueller Praxis hin in die Wissenschaft gefunden - warum lohnt es sich, einen Blick auf dieses Thema zu werfen?
Ich denke, wir sind hier im Westen in einer Kultur aufgewachsen, in der seit der Aufklärung Zahlen, Fakten und Daten eine besondere Bedeutung haben.
Frei nach dem Motto: ich glaube nur, was man auch beweisen kann.
Da war bis jetzt wenig Platz für so etwas Spirituelles, Esoterisches, nicht Belegbares.
Das hat sich durch bildgebende Diagnostikverfahren, wie z.B. ein MRT, verändert.
Heute kann man wissenschaftlich belegen, dass Meditation einen Einfluß auf unser Gehirn hat, dass es sogar zu Strukturveränderungen in Regionen kommt, in denen Emotionen und Reflexe verarbeitet werden.
Auch soziologische Studien zu Meditation belegen immer wieder, dass die Emotionskontrolle und Selbstwahrnehmung positiv beeinflusst wird. Jetzt, wo es immer wissenschaftlicher wird, hören wir vernunftsgesteuerte Menschen mehr zu. Jetzt ist es ja belegbar.
Ich muss da immer schmunzeln, den vorher war es genauso wahr, wie jetzt auch. Wer vor 30 Jahren meditiert hat, wird die selben Erfahrung gemacht haben, wie heute. Auch ohne MRT.
Wir hören zu wenig auf uns selbst. Dabei ist die persönliche Erfahrung die einzige Information aus 1.Hand.
Wenn wir die Vorteile von Meditation betrachten, welche haben Wissenschaftler Stand heute bereits belegen können?
Ich bin jetzt kein Wissenschaftler, aber in meinen Seminare und Workshops weise ich immer darauf hin, dass Meditation in vielen Bereichen eine positive Auswirkung hat.
Neben den physischen Effekten, wie Blutdrucksenkung, Stressabbau und Stärkung des Immunsystems, kommen die psychologischen Effekt hinzu.
Ich beobachte mich in der Meditation und erhalte dadurch ein bessere Selbstwahrnehmung. Ich reagiere nicht mehr reflexartig auf einen Impuls von aussen, sondern erkenne ihn und kann dann besser entscheiden, wie ich reagieren will.
Ich mache dadurch neue Erfahrungen und bin gelassener.
Das wiederum verändert auch meine Wahrnehmung, mein Umfeld, usw..
Aber: jeder sollte da seine eigenen Erfahrungen machen. Ich kann nur von meinen Erfahrungen sprechen. Das ist, als wenn ich von einem guten Restaurant erzähle. Da kann man prima essen gehen und man sitz gemütlich. Ob das für Dich auch so ist, kannst Du nur herausbekommen, wenn Du selbst mal hingehst und dort isst.
Woran sollte man deiner Meinung nach weiter forschen?
Ich denke, wir sollten gezielt daran forschen, warum uns Bewertungen so wichtig sind.
In dem Moment, wo wir bewerten, geht das Leid schon los.
Finde ich etwas toll, will ich mehr davon oder das halten, was ich gerade geniesse. Stört mich etwas, möchte ich es möglichst schnell überwinden oder verändern.
Aus beidem entsteht Unzufriedenheit und Konflikte.
Es wäre interessant, herauszubekommen, warum das so ist und wie man diese Bewertungssysteme überwinden kann.
Stimmt es, dass regelmäßige Meditation quasi wie ein Upgrade für unsere Persönlichkeit ist, dass man sich quasi downloaden kann?
Interessantes Bild. Die Antwort muss sich jeder selber geben.
Ich empfinde Meditation nicht als Input, denn ich beobachte letztendlich nur, was gerade ist, z.B. meine Atmung. Ich nehme also mehr wahr, mehr vielleicht von meiner Persönlichkeit.
Wenn wir schon in diesem Computer- und IT-Bild bleiben wollen, finde ich persönlich, dass Meditation eher eine Defragmentierung meiner Festplatte ist und damit meine Verarbeitungsgeschwindigkeit erhöht wird.
Wie lange dauert dieser Download und wie oft sollte man dafür meditieren?
Ein zentraler Punkt bei Meditation ist die Nachhaltigkeit.
Wer die Wirkung von Meditation spüren möchte, sollte mal als kleine Challenge eine Woche jeden Tag 10 Minuten meditieren. Da passiert schon was in dieser Woche.
Vipassana empfiehlt zweimal täglich eine Stunde.
Ich persönlich meditiere mindestens einmal täglich 20 Minuten. Es muss jeder für sich herausbekommen. Auch hier: Information aus 1.Hand ist die eigene Erfahrung und die damit verbundene persönliche Wahrheit.
Meditation ist mittlerweile auch in der Arbeitswelt angekommen, welche Vorteile siehst du für Unternehmen, die sich diesem Thema öffnen?
Ich kann nur jedem Unternehmen empfehlen, Meditation zumindest einmal anzubieten und zu schauen, wie es von der Belegschaft aufgenommen wird.
Da wird sich der ein oder andere Geschäftsführer wundern, wie hoch die Akzeptanz ist.
Wenn ich Einführungsseminare gebe, freue ich mich immer, wenn jemand, der zum ersten Mal meditiert, sein „Aha“ - Erlebnis hat.
Meist kommen sie nach dem Seminar zu mir und freuen sich richtig und sind aufgeregt über das, was sie da erlebt haben.
In Unternehmen kann man durch Meditation eine stressfreiere Atmosphäre erzeugen.
Ich empfehle auch immer, Meditation begleitend zu Kreativprozesse anzubieten. Auch bei den enormen Stressbelastungen auf Messen bietet sich an, den Mitarbeitern Meditation zu gönnen und ein entsprechendes Angebot zur Verfügung zu stellen.
SAP hat einen eigenen Direktor für Achtsamkeit, bei denen sind die Meditationskurse ausgebucht und es gibt Wartelisten.
BMW, Telekom, Google, Facebook und all die Start-Ups mit den Feelgood-Managern gehen in die selbe Richtung. Ich finde es gut und richtig, denn im Kern geht es um zufriedene Mitarbeiter.
Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel muss ich in meinem Betrieb eine Magnetwirkung erzeugen und die Talente halten. Da passen dann wertschätzende Maßnahmen wie Meditation perfekt dazu.
Bitte vervollständige folgende Sätze.
Erfolg bedeutet für mich…in Balance zu sein.
Gute Entscheidungen treffe ich…aus meiner Mitte heraus.
In stressigen Zeiten finde ich Balance… durch Meditation.
Um einen Perspektivenwechsel vorzunehmen…höre ich Menschen zu.
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Meine größte Leidenschaft…ist das Leben.
Michael, ich danke dir für deine Worte und unsere Verbindung.
Mehr zu Michael findest du hier:
TATSINN ist ganzheitliche Begleitung & Consulting für Mensch & Unternehmen. Perspektivwechsel und Entscheidungshilfe. In Berlin & weltweit per Skype mit der Potentialentwicklerin Ann-Carolin Helmreich.
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