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Team Weihnachtsmann forever!


Die Leute glauben ja an die verrücktesten Sachen. Heutzutage sogar an die FDP oder daran, dass der Instafilter echter ist als das verknautschte Bild im Badezimmerspiegel. Aber wenn es um den Weihnachtsmann geht, dann hört der Spass auf.


Für die meisten, die irgendwann durch dieses “Jetzt bin ich ein echter Erwachsener-Portal“ gehen, ist der Weihnachtsmann ein verachtenswerter Beweis dafür, dass Kinder im Grunde geistesgestört sind und ihnen dieser Quatsch so schnell wie möglich ausgetrieben werden muss.


Eltern halten den Tag, an dem sie ihren Kindern sagen, dass es den Weihnachtsmann gar nicht gibt, sondern Mami und Papi den ganzen Müll, der unter dem Baum liegt, bei Amazon bestellt haben, für die großmütigste Geste im Sinne der Aufklärung überhaupt.

Wenn wir Kinder bleiben und unsere Phantasie beschützen würden, wo kämen wir denn da hin?

Dann würde ich meinen Chef in den Arm nehmen, ihm tief in die Augen schauen und ihm sagen, dass er keine Angst mehr davor haben muss, dass ihm jemand sein Schäufelchen wegnimmt und er sich deshalb ein bisschen entspannen darf.


Das würde uns allen gut tun.


Dann würde ich ’ne Konfettibombe zünden und mit ihm zu Sheena is a Punkrocker auf dem Tisch tanzen.

Dann würde ich einen ganzen Monat lang im Heidepark Soltau wohnen und schauen, ob man die Übelkeit beim Loopingbahnfahren durch ausreichendes Training überwinden kann.

Dann würde ich austesten, nach wie vielen kandierten Äpfeln man kotzen muss, oder ob eine Fressschleife aus Bratwurst und abwechselnd kandierten Äpfeln den Prozess unendlich verlängern würde.

Dann würde ich die Urne meines Vaters ausbuddeln und sie mitten in den Proberaum stellen, weil er Rock‘n‘Roll vermisst und seine Friedhofsnachbarn sehr wahrscheinlich nicht ertragen kann.

Zu Recht auch.

Wer sich da verbuddeln lässt, dem is doch schon zu Lebzeiten nicht mehr zu helfen gewesen.

Weil Erwachsene so kack vernünftig sind und glauben, tot is tot, hatte er leider keine Wahl, seinen aktuellen Wohnort betreffend.


Dann würde ich Karamellpopcorn zum Nationalgericht erklären und kiffen würde zur Therapie gehören.

Das hilft. Der Phantasie.


Erwachsene würden sagen, das wär‘ dann aber Anarchie und das geht doch nicht


Es kann nicht jeder machen was er will. Dann würde sich die schöne Ordnung, für die wir jeden Tag so hart arbeiten in ein unendliches Zuckerwattechaos verwandeln.


Ich glaube deshalb ist der Weihnachtsmann das schlimmste Feindbild von richtigen Erwachsenen.

Die Vorstufe davon ist übrigens Schnee. Man muss mal die Leute beobachten, wenn die ersten Flocken vom Himmel tanzen.


Tage vorher werden schon die Schneeschieber und Bläser und was nicht alles bereitgestellt um gewappnet zu sein für die weiße Apokalypse. Und wenn es dann losgeht, dann meckert die erwachsene Bubble im Gleichklang: „So eine Scheiße, jetzt schneit es auch noch.“


Ich habe ungelogen zig Erwachsene befragt, was das verdammte Problem sei.

Es würden schließlich keine Frösche oder Feuerbälle vom Himmel fallen.

Da kam dann irgendwas von Autofahrten die dann länger dauern würden und Straßen die mühevoll zu streuen seien.

Aber wann verdammt nochmal war der Tag, an dem ihr zum letzten Mal den Schlitten aus dem Keller gezottelt habt um anschließend adrenalinberauscht über knirschenden Frostmatsch zu ruckeln?

Das hat alles mit dem Weihnachtsmann und Michael Ende und dem Nichts und dem Tod der Phantasie zu tun.

Vor fast 20 Jahren bin ich mit meiner Konfettitüte ins Gefängnis gezogen. Seit dem arbeite ich da.

Ob man noch Hoffnung haben kann, was den sogenannten Klienten betrifft, hängt stark davon ab, was er über den Weihnachtsmann denkt. Deshalb frage ich immer mal nach.


Der letzte, den ich gefragt hab, war sichtlich irritiert. Er verstünde die Frage nicht. Natürlich würde er daran glauben.

Sein 25-jähriges Leben hatte er überwiegend auf Neuköllns Straßen und zuletzt auch gerne in viel zu großen, viel zu teuren Autos verbracht, was ihn schließlich auch hierher gebracht hat.

Der mieseste, hoffnungsloseste Ort der Stadt ist ohne Zweifel, neben dem Potsdamer Platz, das Gefängnis in dem man seine sogenannte Untersuchungshaft verbringt, wenn die eigene Biografie zeitweise zu unübersichtlich verlaufen ist.


An diesem Ort, habe er am Vorabend des Nikolaustages seine geputzten Schuhe durch die Gitter vor die Tür geschoben.



Am nächsten Morgen habe ein Schokoladenweihnachtsmann im Stiefel gesteckt.

Es bestehe also kein Zweifel.

Man müsse einfach nur dran glauben.

Das sei schon alles.

Ein bisschen geweint haben wir dann beide.

Das wichtigste ist aber, wir bleiben:

Team Weihnachtsmann forever!

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